5 Tipps einen Besucher-Rückgang zu analysieren

Eine der wichtigsten Aufgaben in der Webanalyse ist es, Veränderungen der Besuche-Anzahl zu erkennen und letztlich erklären zu können.

Wenn die Menge an Besuchen steigt, sind die meisten von uns entspannt und verfolgen den Aufwärtstrend, selbst wenn sie ihn nicht näher begründen können.

Fallen dagegen die Zahlen, geraten Verantwortliche unter Erklärungsdruck. Während bei kleineren Webseiten oder Apps es noch relativ einfach ist einen Gesamtüberblick zu haben und einigermaßen nachvollziehbare Erklärungen zu finden, wächst mit der Größe auch die Anzahl von Beteiligten sowie die Menge an Stellschrauben, die Einfluss auf die Trackingzahlen nehmen können.

Die Ursachenforschung gerät dann oftmals zu einer Art Detektivarbeit, bei der nicht selten am Ende kein konkretes Ergebnis steht. Um zu einer Aussage über Gründe der Veränderungen zu kommen, gehe ich in meiner Analyse schrittweise vor, quasi „top to down“ also vom großen Bild immer weiter auf die Detailebene verfeinernd.

Tipp 1 – Rückgangszeitpunkt ermitteln

Generell muss man bei einem Rückgang der Besuchszahlen zwischen einem abrupten, plötzlichen Rückgang von einem Tag auf den anderen unterscheiden von jenem, der gleitend, schleichend und allmählich über einen längeren Zeitraum stattfindet, bei dem es zwischenzeitlich auch Ausreißer nach oben geben kann, trotzdem sich jedoch ein Abwärtstrend festsetzt.

Um dies zu erkennen, arbeite ich mit dem sogenannten „Graph der letzten Besuche“ auf verschiedenen Zeitebenen.

Graph der letzten Besuche mit abrupten Besucherrückgang in Matomo

Ein plötzlicher Rückgang der Besucherzahlen (rot umkreist). Die Darstellung auf Tagesebene zeigt mir, wann der Rückgang eingetreten ist. Wochenenden betrachte ich in dem Fall nicht. Die roten Trendlinien, die konstante Zugriffe vor und nachher zeigen, habe ich zur Veranschaulichung eingezeichnet.

Graph der letzten Besuche mit allmählichem Besucherrückgang in Matomo

Ein allmählicher Rückgang der Besucherzahlen. Die Darstellung auf Monatsebene über 3 Jahre hilft mir einen langfristigen Trend zu erkennen, um saisonale Effekte auszuklammern. Die roten Trendlinien habe ich zur Veranschaulichung eingezeichnet.

Am hilfreichsten bei einem plötzlichen Rückgang ist die Ansicht auf Tagesebene, wobei ich auch die Wochenebene heranziehe, um einmalige Effekte wie sie durch Feiertage oder auch Wochenenden entstehen können, auszuschließen. Ich wähle dabei durchaus lange Zeiträume, wie bspw. 180 Tage oder 60 Wochen, um in der Grafik einen Trendbruch erkennen zu können.

Arbeite ich zunächst mit der Wochendarstellung wechsele bzw. man könnte sagen „zoome“ ich in die Tagesdarstellung mit dem Ziel den letzten Tag vor und den ersten Tag nach der Veränderung zu identifizieren. Den eigentlichen Tag der Veränderung klammere ich oftmals zunächst dabei aus, weil dieser meist eine Mischung an alten und neuen Besuche-Verhalten enthält und zu mehrdeutigen Rückschlüssen führen kann. In der späteren Detailanalyse mit dem Besuche-Log kann dieser Tag dann jedoch für mich wieder bedeutend sein.

Bei einem schleichenden Rückgang lohnt es sich neben der Wochen- auch die Monatsebene zu verwenden, und 30, 60 oder 90 Monate in die Vergangenheit zu gehen. Auch das ist wichtig, um bestimmte zeitlich-saisonale Effekte, wie Ferienzeiten, Weihnachten und Jahreswechsel, mit ihren üblichen Rückgängen auszuschließen und den Langfristtrend vor Augen zu haben.

Hier wähle ich meist den letzten vollständig getrackten Monat (mit Ausnahme des Dezembers) und einen weiter zurückliegenden Monat, bei dem die Zahlen sichtbar deutlich höher lagen. Am idealsten ist es sogar, wenn ich denselben Monat im Jahr zuvor zum Vergleich heranziehen kann. In der Praxis kann das manchmal nicht möglich bzw. richtig sein, wenn z.B. vor einem Jahr noch gar nicht Matomo getrackt wurde oder die Zahlen nicht vergleichbar waren (Relaunch, anderes Trackingsetup etc.).

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Wichtig ist es also sich ein Vergleichs-Setup mit zwei Zeitpunkten/-räumen herauszusuchen, um nun zu analysieren, welche Unterschiede festzustellen sind.

Für den Vergleich nutze ich die Matomo-Funktion innerhalb der Datumsauswahl, um zwei Zeiträume durch Matomo vergleichen zu lassen.

Gif mit Darstellung der Zeitraumsvergleichsauswahl in Matomo

Vergleich zweier Monate in Matomo.

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Tipp 2 – Kernmetriken überprüfen

Das Widget „Besucherübersicht“ (Besucher – Überblick) gibt mir eine schnelle Darstellung aller wichtiger Metriken. Für meine Analyse bedeutsam sind folgende Kernmetriken:

  • Besuche
  • Seitenansichten
  • Durchschnittliche Aufenthaltsdauer
  • Abgesprungene Besucher
  • Aktionen pro Besuch

Erwartungsgemäß werde ich bei Besuchen einen Rückgang vorfinden, normalerweise auch bei der Gesamtanzahl Seitenansichten.

Grafik mit Matomo Besucherüberblick

Besucherüberblick im Vergleich von 2 Monaten (Juni, Juli). Besuche, Seitenansichten sind vergleichbar gesunken, allerdings ist die Absprungrate gestiegen, was daraufhin deutet, dass man mehr Bouncer (1 Aktion im Besuch) bekommen hatte.

Wenn die anderen drei Metriken keine relevanten Veränderungen aufweisen, interpretiere ich das zunächst als tatsächlich stattgefundenen Rückgang. D.h. die Nutzung der Webseite oder App ist offensichtlich wirklich zurückgegangen, es kommen weniger Besucher und es liegen keine anderen Gründe vor.

Solche anderen Gründe könnten hier sein, gerade bei plötzlichen Rückgängen,dass

  • der Cookiebanner nicht mehr soviele Besuche wie früher zu Matomo durchkommen lässt oder
  • in der Matomo-Konfiguration eine Änderung vorgenommen wurde (z.B. welche Domains getrackt werden dürfen),
  • im Matomo Tag Manager etwas umgestellt wurde oder
  • nicht mehr alle Webseiten, wenn man mehrere trackt, in diese Matomo-Webseite getrackt werden.

So etwas sollte man natürlich sicher ausschließen können, wenn nicht, muss man auch diese „Spuren“ verfolgen.

Kurioserweise, und ich erlebe es sogar öfter, kann es bei Seitenansichten und auch den anderen Metriken durchaus auch Veränderungen nach „oben“ geben. Sollten trotz Besucherrückgangs die Seitenansichten gleichgeblieben sein, Aufenthaltsdauer oder Aktionen pro Besuch aber gestiegen sein, ist dies meist ein Hinweis, dass sich etwas im technischen Tracking der Webseite verändert haben muss.
D.h. dass weiterhin die Seitenaufrufe wie früher stattfinden und getrackt werden, aber diese viel weniger Besuchern zugeordnet werden als zuvor. Meine erste Prüfung führt mich hier zumeist zum Cookiebanner oder je nach Setup zum Content-Management-System oder dem Google Tag Manager, wie diese mit Matomo zusammen aufgesetzt und ob hier Änderungen durchgeführt wurden. An dieser Stelle ist ein interdisziplinäres Denken notwendig.

Als Webanalyst/-in kann man hier am ehesten mit dem Besuche-Log einen Beweis erbringen, dass „etwas nicht normal“ im Setup ist. Ich gehe meist so vor, dass ich als „neuer“ Besucher auf die Webseite komme, indem ich meine Cookies lösche oder ggf. sogar mein früheres Matomo-Profil mit Hilfe der DGSVO-Tools vorab lösche, um nicht anderweitig wiedererkannt zu werden. Auch ist es wichtig den Cookiebanner wieder angezeigt zu bekommen. Dann suche ich mich im Besuche-Log und prüfe, ob wirklich jede Aktivität von mir auf der Webseite so getrackt wird, wie es sein soll. Ist hier etwas unstimmig, deutet dies auf ein Setup-Problem hin.

Tipp 3 – Akquisitionen prüfen

Liegt kein Setup-Problem vor, werfe ich einen Blick auf die Herkünfte der Besucher. Ich möchte herausfinden, ob insbesondere ein bestimmter Akquisitionskanal weniger Besucher auf die Webseite führt. Akquisitionskanäle sind in Matomo Suchmaschinen, andere Webseiten, Soziale Netzwerke, Kampagnen oder auch direkte Zugriffe.

Matomo Kanal, Herkunft, Vergleich

Vergleich der Kanaltypen in Matomo. Wo gab es Rückgänge im Vergleichszeitraum?

Wenn alle Akquisitionskanäle gleichermaßen zurückgegangen sind, ist auch das zunächst nur eine Bestätigung, dass die Webseite generell an Bedeutung verloren hat.

Wenn dagegen der Rückgang in absoluten Zahlen sich deutlich auf einen einzelnen Kanal einschränken lässt, kann ich darüber weitere Rückschlüsse ziehen:

  1. Wenn Suchmaschinen mir weniger Besuche zuführen, so muss ich davon ausgehen, dass entweder das Thema meiner Webseite weniger gefragt ist oder dass mein Ranking in den Suchmaschinen schlechter geworden ist. Hier muss ich dann zumeist mit anderen Tools, wie der Google Search Console, weiter analysieren.
  2. Wenn andere Webseiten als Herkunft einen Rückgang aufzeigen, so analysiere ich in Matomo tiefergehend, welche Webseiten dies im Einzelnen sind. Und prüfe separat, warum diese weniger Besucher liefern (wurden Links entfernt oder sind diese schwerer zugänglicher?).
  3. Wenn Kampagnen oder Soziale Netzwerke weniger Besuche liefern, so muss ich dies ebenfalls näher auf der Kanalebene Kampagne analysieren. Finden weniger Kampagnen statt (keine Ads, weniger Newsletter, weniger Posts etc.), gibt es Probleme bei der Übertragung von Kampagnen-Parametern?
  4. Dass nur Direkte Zugriffe sinken, die anderen Kanäle jedoch gleichbleiben, ist dagegen eher selten. Wenn doch muss es früher eine Konstellation gegeben haben, bei der viel mehr Besucher durch Eingabe meiner Domain auf meine Webseite kamen. Hier könnte man an Mitarbeiter-Zugriffe denken, die eventuell mittlerweile nicht mehr getrackt werden.
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Tipp 4 – Einstiegsseiten analysieren

Mit der Vergleichsanalyse der Einstiegsseiten möchte ich herausfinden, ob es Seiten oder Seitenbereiche auf der Webseite gibt, die früher für mehr Besuchereingang sorgten.

Dies ist für mich meist eine weitere Tiefenanalyse in Fortführung der Analyse der Akquisitionskanäle (Tipp 3). D.h. ich möchte herausfinden, welche konkreten Inhalte der Webseite früher besser in der Akquise „funktioniert“ haben. Sind es Seiten, die im Suchmaschinen-Ranking zurückgefallen sind, sind es eventuell sogar Seiten, die gelöscht, verschoben wurden? Sind es Seiten, die früher auf einer anderen Webseite prominent verlinkt wurden, dort nun aber der Link entfernt wurde?

Matomo Einstiegsseiten Vergleich

Mehrere der Top-Einstiegsseiten zeigen im Jahresvergleich des Monats Juli einen Rückgang. Hier muss man davon ausgehen, dass der organische Traffic von Suchmaschinen oder von anderen Webseiten zurückgegangen ist. Eventuell wurden auch weniger Kampagnen durchgeführt.

Ergibt die Einstiegsseiten-Analyse dagegen kein klares Bild, d.h. auch hier zieht sich der Besucher-Rückgang konstant über alle wesentlichen Bereiche, so gibt mir auch das den Hinweis, dass das Thema der Webseite generell auf weniger Interesse stößt, vor allem wenn alle Akquisitionskanäle gleichermaßen gesunken sind. Zu diesem Fazit kommt man meist bei einem schleichenden, gleichmäßigen Rückgang der Besucherzahlen. Bei einem plötzlichen Rückgang ist das eher untypisch, hier findet man spätestens bei den Einstiegsseiten Anhaltspunkte, was sich konkret verändert hat.

Tipp 5 – Segmente nutzen

Bei großen Webseiten kann es zusätzlich hilfreich sein, die Analyse mit Hilfe von Segmenten durchzuführen. D.h. ich schränke die Matomo-Berichte ein, indem ich mich auf Besuche mit bestimmten Merkmalen oder auf Seitenbereiche konzentriere. Dies erleichtert den Überblick bei den zuvor genannten Tipps, indem ich mich z.B. nur auf Besucher von Suchmaschinen oder den Einstieg in einen bestimmten Bereich konzentriere.

Ein anderer Ansatz mit Segmenten kann sein, dass ich prüfen möchte, ob auch bei aktiven Besuchern ein Rückgang festzustellen ist bzw. der Rückgang nur bei „Bouncern“ stattfand. Bouncer sind jene Besucher, die nach nur einer Aktivität die Webseite bereits wieder verlassen. Dazu erstelle ich zwei Segmente: eines mit Besuchern mit exakt 1 Aktion und eines mit Besuchern mit mindestens 2 Aktionen während des Besuches. Anschließend vergleiche ich die Segmente mit den Zeiträumen. Stelle ich fest, dass die früher höheren Besuchszahlen auf „Bouncer“ zurückzuführen sind, versuche ich diese Besucher-Gruppe noch näher zu analysieren, um herauszufinden, was diese kennzeichnet. Waren es getrackte Spambots oder waren es Besucher, die der Webseite eher fälschlicherweise zugeführt wurden, obwohl sie gar nicht zu mir wollten?

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